„Mehr vom Leben“ – Netzwerktreffen zum Thema „Alkohol und Alter“
Am 5. Mai 2022 fand das Netzwerktreffen „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“ statt. Es widmete sich dem wichtigen, aber oft unterbeleuchteten Thema „Alkohol und Alter“. Wolfgang Zeyringer von VIVID – Fachstelle für Suchtprävention präsentierte den Schwerpunkt „Alkohol-Prävention im Alter“, und berichtete über Erfahrungen und Lessons learned.
Das Alter bringt viele Veränderungen mit sich, einige sind nicht immer einfach zu bewältigen. Schicksalsschläge durch den Tod oder die Erkrankung von nahen Angehörigen und Freunden, weniger soziale Kontakte und auch eigene gesundheitliche Einschränkungen können sehr belastend sein. Manche Menschen entwickeln deshalb im fortgeschrittenen Lebensalter einen problematischen Umgang mit Alkohol.
Konsum und Sucht im Alter
Das Trinkverhalten ändert sich mit fortschreitendem Alter. Auf Grund der Tatsache, dass Alkohol vom Körper schlechter vertragen wird, trinken ältere Menschen weniger exzessiv. Eher kommt es zum so genannten „Pegeltrinken“, das heißt, Alkohol wird über den Tag verteilt und oft allein zu Hause getrunken.
Laut dem Steirischen Gesundheitsbericht wird der Konsum von Alkohol ab 45 Jahren regelmäßiger. Über 15 Prozent der 65 bis 74-Jährigen trinken an mindestens fünf Tagen in der Woche Alkohol. Männer deutlich mehr als Frauen.
Ein problematischer Konsum oder eine Alkohol-Abhängigkeit wird bei älteren Menschen häufig nicht oder erst sehr spät bemerkt. Gründe dafür sind zum Beispiel Scham gegenüber sich selbst und anderen einzugestehen, dass man suchtkrank ist. Durch weniger soziale Kontakte fallen ältere Menschen seltener durch ihren Konsum und dessen Folgen auf als jüngere. Manche Symptome erscheinen wie typische Begleiterscheinungen des Alters (zum Beispiel Entzugssymptome wie Zittern der Hände oder Schlafstörungen, Stürze) oder werden als Symptome einer Depression oder Demenz (zum Beispiel Antriebslosigkeit und Stimmungsschwankungen) fehlinterpretiert. Deswegen ist eine gründliche medizinische Diagnose durch eine Ärztin oder einen Arzt hier sehr wichtig.
Mögliche Konsequenzen einer Sucht im Alter
Weil sich der Abbau von Alkohol durch den Körper im Alter verlangsamt, ist die Wirkung stärker und es kommt schneller zu körperlichen Schädigungen. Auch die Einnahme von Medikamenten nimmt mit steigendem Lebensalter zu. Es müssen oft mehrere Medikamente eingenommen werden (=Poly-Medikation).
Durch den verlangsamten Stoffwechsel bleiben die Medikamente länger im Körper. In Kombination mit Alkohol kann es zu unerwünschten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen. Die Belastungen für Organe, wie zum Beispiel die Leber, steigen.
Ansätze der Prävention: Lebenskompetenz fördern
Das Älterwerden stellt Menschen vor viele Veränderungen und Herausforderungen, zum Beispiel die Pensionierung, körperliche und kognitive Veränderungen, Krankheiten, verminderte Lebenserwartung und der Verlust wichtiger Menschen. Jeder Mensch geht mit solchen lebensverändernden Situationen anders um und reagiert unterschiedlich. Man spricht in diesem Zusammenhang von Risikofaktoren und Schutzfaktoren.
Risikofaktoren sind jene Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer „Störung“ erhöhen. Zum Beispiel: Zunahme von körperlichen Beschwerden und Erkrankungen, Pensions-Eintritt, Altersarmut, Belastung durch die Pflege von Angehörigen, soziale Isolation und Einsamkeit, Verlusterfahrungen, Aufnahme in ein Pflegeheim.
Schutzfaktoren sind jene Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer „Störung“ vermindern. Zum Beispiel: Lebenserfahrung, erprobte Bewältigungs-Strategien, Spiritualität und Glaube, sinnstiftende Alltagsgestaltung (zum Beispiel Hobbies, Kurse, etc.), finanzielle Absicherung, ein stabiles und unterstützendes soziales Netzwerk sowie der Zugang zu Unterstützungs-Angeboten.
Das Wechselspiel zwischen Risiko- und Schutzfaktoren gibt Aufschluss darüber, inwieweit jemand gefährdet ist, eine Alkohol-Abhängigkeit zu entwickeln.
Lebenskompetenzen gehen mit fortschreitendem Alter nach und nach verloren. Deswegen ist vor allem die Förderung der Lebenskompetenz im Alter wichtig. Es gilt Kompetenzen zu fördern, die folgendes ermöglichen:
• Lernen
• Persönliches Wachstum
• Treffen von Entscheidungen
• Aufbau und Erhalt von sozialen Beziehungen
So werden die inneren Ressourcen der Menschen gestärkt und positive Altersbilder aufgebaut.
Spannungsfeld Autonomie und Fürsorge
Das Thema Alkohol und Alter ist natürlich stark emotional besetzt und berührt Fragen der Ethik und der Autonomie des Menschen, also das Recht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Deswegen sollte man immer und durchaus kritisch hinterfragen, was man für wen und wie tut. Die Entscheidung, ab wann man eingreifen soll, ist oft nicht einfach. Allerdings haben abhängige Menschen, wo die Gefahr einer Selbst- und Fremdgefährdung vorliegt, ein Recht auf Fürsorge und Behandlung.
Für Interventionen gilt, realistische Erwartungen und Ziele zu setzen:
• Veränderungen nicht schon nach einem ersten Gespräch erwarten.
• Weiter Kontakt halten und Entwicklung beobachten.
• Reduktion des Konsums oder Schadensminimierung statt Abstinenz als Ziel verfolgen.
• Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit respektieren.
(Zwischen-)Fazit und Lessons learned
Wichtige Learnings für die Zielgruppe der Senior*innen von VIVID sind:
- Oft schwierige Rahmenbedingungen für Organisation von Präsenz-Veranstaltungen, vor allem die Pandemie erschwerte die Erreichbarkeit von älteren Menschen.
- Es ist wichtig, positiv besetzte Themen, wie zum Beispiel Lebensqualität in den Fokus zu stellen.
- Die Motivation für die Teilnahme ist sehr heterogen.
- Man ist immer Lehrender und Lernender.
Sucht im Alter ist in Österreich ein noch wenig etabliertes Thema für die Prävention und sollte stärker in den Scheinwerfer der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt werden. Ein Symposium wäre hier sinnvoll, um über das Thema in seiner Breite zu informieren und Stakeholder ins Boot zu holen.
Angebote VIVID im Rahmen von „Mehr vom Leben“
Zum Thema Alkohol-Prävention im Alter bietet VIVID verschiedene Maßnahmen für Menschen ab 60 Jahren aber auch für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, wie Bezugspersonen und Personen beziehungsweise Einrichtungen in der Beratung, Betreuung und Pflege an. Inhalte und Ziele sind die Sensibilisierung für die gesundheitlichen Risiken und Folgen von Alkoholkonsum im Alter sowie die Steigerung der Handlungs-Kompetenz und Sicherheit im Umgang mit den Themen Sucht und Alkohol im eigenen (Arbeits-)Umfeld.
Weitere Infos unter:
https://www.vivid.at/angebot/alkoholpraevention-im-alter/
Mehr vom Leben Netzwerk-News
Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“, Gesundheitsfonds Steiermark
Förderung „Mehr vom Leben für Betriebe“
Mit bis zu max. € 6.000.- fördert der Gesundheitsfonds Steiermark in Kooperation mit der Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer Steiermark sowie der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) Unternehmen in der Steiermark bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Alkohol-Prävention im Betrieb. Förderansuchen können bis spätestens 01.12.2022 eingereicht werden.
Förderung für steirische Sportvereine
Die Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“ fördert einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol mit bis zu max. € 700,-. Sportvereine in der Steiermark können sich bis zum 31. Juli 2022 für die Förderung bewerben.
Neue Rubrik „Andere Länder, andere Sitten“
In unserer Rubrik „Andere Länder, andere Sitten“ blicken wir über den Tellerrand und fragen Menschen aus anderen Ländern bzw. Kulturen, wie dort mit Alkohol umgegangen wird. Die Reise geht weiter in Amerika – dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
„Gesund informiert“ – Der Podcast, der Gesundheit verständlich macht.
Es ist schwer genug, Entscheidungen zu treffen. Noch mehr, wenn es um die eigene Gesundheit geht. Umso wichtiger ist es, gut informiert zu sein. Bianca Heppner und Anja Mandl vom Gesundheitsfonds Steiermark versorgen Sie mit Fakten zum Thema Gesundheit. Jeden zweiten Freitag erscheint eine neue Folge, in der Expertinnen und Experten Tipps teilen. Unabhängig, werbefrei und kostenlos
VIVID – Fachstelle für Suchtprävention
Tagung Umwelt & Tabak zum Welt-Nichtrauchertag am 30. Mai 2022:
„Vom Anbau bis zum Abfall: Was Rauchen mit der Umwelt macht“
Montag, 30. Mai 2022, 14:00 bis 17:00 Uhr
Online-Event (Zoom)
Institut für Gesundheitsförderung und Prävention (IfGP)
Fortbildungsreihe Beratung und Entwöhnung bei Tabak-Abhängigkeit
In sechs Modulen werden niederschwellige Beratungstechniken und konkrete Entwöhnungs-Methoden bei Tabak-Abhängigkeit vermittelt. Jedes Modul kann unabhängig voneinander besucht werden. Damit ist es den Teilnehmenden möglich, entsprechend ihres Bedarfs die passenden Bausteine zu wählen.
Wie immer freuen wir uns, wenn Sie unsere Angebote und Information in Ihrem Umfeld weitergeben!
Das nächste „Mehr vom Leben“ -Netzwerktreffen zum Thema „Alkohol und Kinder“ wird im Dezember 2022 stattfinden.
Alkoholfreie Alternativen: Rezept-Tipp
Ein Rezept aus der Kräuterküche – passend zur Jahreszeit:
Zutaten:
• Ca. 200g Löwenzahnblüten (Blütenkelche entfernen)
• 750 ml Wasser
• 500g Zucker
• 1 Bio-Zitrone gewaschen
Zubereitung: Wasser und Zucker mit den Zitronenscheiben aufkochen und ca. 10 Minuten kochen lassen. Von der Herdplatte nehmen und die Löwenzahnblüten unterrühren und mindestens 24 Stunden ziehen lassen. Die Blüten abseihen, die Flüssigkeit noch einmal aufkochen, bis sie eine sirupartige Konsistenz annimmt. Heiß in Flaschen füllen.
Wir empfehlen: Einen Schuss Sirup mit gekühltem und prickelndem Mineralwasser aufspritzen. Eine Zitronenscheibe und Eiswürfel dazugeben und mit einem Zweig Rosmarin servieren.
Genießen Sie das super erfrischende Getränk an heißen Sommertagen!