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Sober Stories

Ein Unfall mit Alkohol am Steuer, der das Leben veränderte: Im Gespräch mit Mario Brnic

16. August 2022

In unserer Rubrik „Sober Stories“ stellen wir regelmäßig Menschen vor, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol entschieden haben und das auch offen leben. Mario Brnic, Projektmanager von „Close To – Risikoprävention für Fahranfänger“, erzählt uns wie er als Führerschein-Neuling mit 19 Jahren alkoholisiert einen schweren Verkehrsunfall verursacht hat. Sein Leben widmet er seither der Aufklärung und Prävention. Als Projektleiter der Initiative „Close To“ vermittelt er mit seiner Unfallgeschichte Fahrschülerinnen und -schülern die Gefahren von Alkohol am Steuer.

Hr. Brnic, Sie sind Projektmanager von „Close To“. Was ist die Idee hinter dem Projekt?

Bei „Close To“ vermitteln wir jungen Fahranfängerinnen und -anfängern mit unseren eigenen Unfallgeschichten die Risiken von überhöhter Geschwindigkeit sowie Alkohol und/oder Drogen am Steuer. Eigentlich werden wir alle von klein auf über diese Gefahren aufgeklärt; aber sie werden trotzdem oft ignoriert.
Prinzipiell gibt es bei jeder alkoholisierten Person diese eine Sekunde, in der sie darüber nachdenkt, ob sie noch mit dem Auto fahren soll oder nicht. Ich sage den Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer, dass sie in dieser einen Sekunde an meinen Unfall denken und sich dann gegen das Auto entscheiden sollen. Sie sollen nicht denselben Fehler machen, den ich gemacht habe.

Was sind Ihre Aufgaben beim Projekt „Close To“?

Ich bin Projektmanager bei „Close To“ und gemeinsam mit zwei Kollegen halte ich österreichweit Vorträge zum Thema „Risikoprävention für Fahranfänger*innen“ in Fahrschulen, Schulen und Unternehmen sowie auch beim österreichischen Bundesheer und bei der Landjugend. Die Vorträge kommen sehr gut bei den Teilnehmenden an, weil wir unsere eigenen Erfahrungen einbringen und vermitteln, dass es wichtig ist, aufeinander aufzupassen. Wenn wir gemeinsam Verantwortung übernehmen, können wir unsere Straßen sicherer machen.

Wie sind Sie auf das Projekt „Close To“ aufmerksam geworden?

Als ich aufgrund meines schweren Verkehrsunfalls mit Alkohol am Steuer im Gefängnis war, ist in der Haftanstalt der Haftanstaltsleiter zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob ich beim Projekt „Close To“ mitmachen möchte. Ich war sofort begeistert und habe mir gedacht, dass ich mit diesem Projekt etwas wiedergutmachen kann. Mittlerweile bin ich seit zwölf Jahren bei „Close To“ und sehe es als meine Lebensaufgabe: Ich habe sehr viel Glück gehabt, dass ich meinen schweren Verkehrsunfall überlebt habe: Das möchte ich jetzt zurückgeben.  

Sie haben mit 19 Jahren einen schweren Verkehrsunfall verursacht. Was ist da genau passiert?

Ich habe leider mit 1,1 Promille einen sehr schweren Verkehrsunfall verursacht. Ich bin mit 80 km/h in einen Betonpfosten gekracht. Dabei wurde ich und auch meine beiden Mitfahrer schwer verletzt. Gott sei Dank geht es meinen Freunden wieder gut und sie haben keine bleibenden Schäden durch den Unfall davongetragen. Das hätte ich mir niemals verzeihen können. Ich hatte weniger Glück. Nach dem Unfall lag ich im Koma und musste insgesamt 25 Operationen über mich ergehen lassen.  Es hat vier Jahre gedauert, bis ich wieder einigermaßen normal leben konnte. Heute bin ich zu 60 Prozent invalid. Ich bin sehr dankbar, dass ich und meine Freunde den Unfall überlebt haben. Der Taxifahrer, den ich überholt habe, ist sofort stehen geblieben, hat die Rettung alarmiert und war Ersthelfer. Ich appelliere auch immer bei meinen Vorträgen, dass man stehen bleiben soll, wenn man einen Unfall sieht. Denn die traurige Wahrheit ist, dass wirklich sehr viele Autofahrerinnen und Autofahrer an Unfällen vorbeifahren. Erste Hilfe kann Leben retten! Es ist die Pflicht eines jeden Menschen, anderen zu helfen.

Wie hat der Unfall Ihr Leben verändert?

Der Unfall hat mein Leben beruflich und privat komplett verändert. Nach meinem Unfall musste ich eine Umschulung machen. Der Unfall hat mich sehr geprägt und er hat mir die Augen geöffnet. Ich bin sehr dankbar, dass ich im Leben eine zweite Chance bekommen habe.

Welche Rolle spielt Alkohol jetzt in Ihrem Leben?

Ich trinke ab und zu auf Festen Alkohol. Wenn ich mit dem Auto fahre, trinke ich aber ausnahmslos keinen Alkohol. Da gibt es bei mir nur mehr 0,0. Ich kann auch Spaß haben, ohne Alkohol zu trinken und das Beste ist, dass man sich am nächsten Tag noch an die Ereignisse erinnern kann.

Wie beurteilen Sie den Umgang mit Alkohol in Österreich bzw. die Trinkkultur in Österreich?

In Österreich ist der Alkohol in der Gesellschaft fest verankert und er wird leider immer noch verharmlost. Für viele ist es normal, zum Beispiel in einem Buschenschank ein paar weiße Spritzer zu trinken und dann mit dem Auto nach Hause zu fahren. Oft sind auch Kinder mit an Bord.

Was würden Sie sich im Umgang mit Alkohol wünschen?

In Schulen muss viel mehr über das Thema Alkohol aufgeklärt werden. Es muss zum Beispiel vermittelt werden, wie sich das Leben ändert, wenn man jeden Tag Alkohol trinkt, ab wann man suchtgefährdet ist und wie der Alkohol den Körper und die Gesundheit beeinflusst. Derzeit wird meistens nur über die Herstellung von Alkohol gelehrt, die Gefahren des Alkohols sind aber viel wichtiger.

Wie beurteilen Sie die Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“?

Ich finde die Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“ wirklich toll. Es freut mich sehr, dass Sie mich interviewen. Ich bin erst durch Ihre Kontaktaufnahme auf die Initiative aufmerksam geworden.

Was ist ihr Lieblingsgetränk (alkoholfrei) zu einem guten Essen?

Ich trinke am liebsten Soda Zitrone. Auch aus dem Grund, da ich über 30 Jahre alt bin und sich jedes Kilo ansetzt.

Fotocredit: Mario Brnic

„Close To:
Das Projekt „Close To“ wurde in Österreich von 2008 – 2020 von der „Forschungsgesellschaft Mobilität“ durchgeführt, ab 2021 wird es von der VISION5 OG durchgeführt. Die Idee ist, junge Menschen zu resozialisieren, die straffällig wurden, weil sie betrunken am Steuer Unfälle verursacht haben. Diese Unfalllenker berichten in ganz Österreich in Fahrschulen, Schulen, in Unternehmen mit Lehrlingsausbildung und beim Österreichischen Bundesheer über ihre Unfallerlebnisse sowie die verbundenen Folgen und tragen so zur Bewusstseinsbildung bei den Fahrschülern bei.

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