Sober Story von Franz Preihs
Sober Stories

Alkoholfrei seit der Jugend: Im Gespräch mit Franz Preihs

2. Dezember 2021

In unserer Rubrik „Sober Stories“ berichten wir regelmäßig über Menschen, die sich dazu entschieden haben, alkoholfrei zu leben. Heute stellen wir den gebürtigen Steirer Franz Preihs, Extremsportler und Inhaber eines pharmazeutischen Großhandels, vor. Er trinkt seit seinem 18. Lebensjahr keinen Alkohol.

Warum hast du dich dazu entschlossen keinen Alkohol mehr zu trinken? Was war ausschlaggebend?

Zwischen 16 und 18 Jahren habe ich beim Fortgehen Alkohol getrunken. Ich habe aber nie positive Erfahrungen mit Alkohol gemacht. Es war nie ein besonders lustiger Abend, sondern ich habe es immer deprimierend und langweilig empfunden Alkohol zu trinken. Im Jahr 1999 bin ich nach Wien gezogen und mit der Punk-Hardcore-Szene in Berührung gekommen. Zu dieser Zeit ist auch die „Straight Edge-Szene“ aus den USA nach Österreich gekommen. Diese definiert sich durch den Verzicht auf Alkohol, Tabak und anderen Drogen und ist eng mit dem Veganismus verbunden. Mir hat das Konzept gefallen und somit habe ich mit 18 Jahren den Entschluss gefasst, ein Straight Edge Commitment abzugeben. Seit ich 18 Jahre alt bin trinke ich keinen Alkohol mehr und ich kann mir auch nicht mehr vorstellen, jemals wieder Alkohol zu trinken. Durch das nüchterne Leben habe ich eigentlich nur Vorteile gehabt – ich war z.B. immer fahrtüchtig am Wochenende, das war am Land ein entscheidender Vorteil. Meine Erfahrungen möchte ich weitergeben: Ich halte über meinen alkoholfreien Lebensstil mittlerweile auch Vorträge in Schulen.  

Wie kommen die Vorträge in den Schulen an?

Ich halte seit dem Jahr 2008 in Volksschulen, neuen Mittelschulen und Gymnasien Vorträge über meinen Lebensstil „Straight Edge“ und meine sportlichen Projekte. Die Vorträge werden in den Schulen sehr gut angenommen. Ich denke das liegt an meiner optischen Erscheinung. Ich bin mit meinen Tätowierungen nicht der typische Vortragende, der im Anzug Hypothesen referiert, sondern ich kann auf ein sehr bewegtes Leben zurückgreifen. Ich habe an sehr vielen hochalpinen Berg-Besteigungen und Radrennen teilgenommen. Ich vermittle den Schülern, dass (Extrem-)Sport nur mit einem alkoholfreien Leben vereinbar ist. Alkohol enthält Neurotoxine, das behindert die Regeneration. Mir fällt kein plausibler Grund ein, irgendwem zu raten Alkohol zu trinken, weil es keine Vorteile gibt.

Wie reagierst du, wenn dir jemand Alkohol anbietet?

Ich lehne Alkohol ohne Erklärung ab, meine Antwort lautet: „Nein danke, ich trinke nichts“. Mittlerweile kommen aber keine Nachfragen mehr, weil man mich in der Steiermark kennt und die Leute wissen, dass ich keinen Alkohol trinke. Wie ich noch nicht so bekannt war, musste ich mich immer rechtfertigen, warum ich keinen Alkohol trinke. Das hat mich noch mehr beflügelt in meiner Entscheidung, keinen Alkohol zu trinken. Denn ich habe nicht verstanden, warum ich meinen neuen Lebensstil rechtfertigen muss.

Wann beginnt deiner Meinung nach eine Alkoholkrankheit?

Das Problem ist, dass die Grenzen des verantwortungsvollen Genusses und Alkoholismus fließend sind. Alkohol wird von vielen Menschen schöngeredet. Wenn jemand jeden Tag Stress hat und am Abend zwei bis drei Gläser Rotwein trinkt, redet er oder sie sich einen genussvollen Alkoholkonsum ein. Doch in Wahrheit ist es bereits eine gewisse Abhängigkeit. Man verdrängt damit eigentlich nur die Probleme des Alltags oder den Stress. Ich glaube es ist jedem Menschen zuzumuten, dass er mit klarem Verstand und Gewissen sein Leben schafft. Ich könnte mir im Leben keine Situation vorstellen, in der ich Alkohol benötige, damit ich sie bewältigen kann.

Wie beurteilst du den Umgang mit Alkohol bzw. die Trinkkultur in Österreich?

Ich finde es erschreckend, dass das Thema Alkohol in Österreich verharmlost wird und zum sozialen Leben dazu gehört. Alkohol wird beschönigt und für jede Feier, zur Beruhigung oder zum ‚in die Gänge kommen‘ missbraucht. Es ist schade, dass sich jeder aus der Verantwortung zieht und sich die wenigsten Leute dem Thema Alkohol widmen.

Erschütternd ist auch der Gruppenzwang bei Jugendlichen. Man wird aus der Clique ausgeschlossen, wenn man keinen Alkohol trinkt und gilt schnell als langweilig. Probleme gibt es auch im Handel: Wenige Verkäufer kontrollieren das Alter der Jugendlichen beim Kauf von Alkohol. Das finde ich sehr schade und da sollte man Initiativen ergreifen, um gegenzusteuern und die Abgaberichtlinien intensivieren bzw. zu verschärfen.

Wie beurteilst du den Umgang mit Alkohol bzw. die Trinkkultur in der Steiermark?

Ich wohne unter der Woche in Graz und habe ein Haus in Mürztal. Wenn ich Graz und das Mürztal vergleiche, fällt mir auf, dass im ländlichen Raum Alkohol beim Fortgehen und beim Feiern eine viel größere Rolle spielt als in der Stadt. Es gibt viele Zeltfeste und diese sind meiner Meinung nach nichts anderes als eine ‚Lizenz‘ zum Alkohol trinken. Das hat auch damit zu tun, dass es in Graz für Jugendliche und Erwachsene mehr Freizeitangebote gibt. Am Land gibt es nur wenige Möglichkeiten und deshalb gehen die meisten Bewohner auf ein Zeltfest.

Wie bist du auf die Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“ aufmerksam geworden?

Ich bin durch Frau Edith Hornig auf die Initiative gekommen. Ich bin mit ihr auf Facebook befreundet und habe gesehen, dass sie eine Unterstützerin der Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“ ist. Ich habe mir gedacht, dass ich auch ganz gut zur Initiative passe und deshalb habe ich euch kontaktiert.

Wie beurteilst du die Initiative „Weniger Alkohol – Mehr vom Leben“?

Ich finde die Initiative großartig und sehr wichtig. Es würde mich freuen, wenn die Initiative einen Beitrag dazu leistet, dass die Menschen kritischer mit Alkohol umgehen und Alkohol weniger verharmlosen. Es werden viele Substanzen tabuisiert und ich weiß nicht, warum gerade beim Alkohol immer eine Ausnahme gemacht wird. Alle vernünftigen Eltern warnen ihre Kinder vor Heroin, Kokain, Cannabis und LSD. Doch Alkohol wird – unabhängig vom Bildungsstand oder Wissensstand der Menschen – in den meisten Fällen toleriert. Ich sehe es auch nicht ein, warum beim Fußballmatch in der Umkleidekabine eine Kiste Bier stehen muss, weil Sport und Alkohol sich in keiner Weise vereinbaren lassen. Deshalb finde ich es auch immer bedenklich, dass alkoholische Getränkehersteller Sportler oder Sportvereine sponsern. Das macht in meinen Augen keinen Sinn. Bei Nikotin wurde es auch verboten. Hier bräuchte es ein Umdenken.

Mehr Infos zu Franz Preihs: http://franzpreihs.at/

Fotocredit: FOTO MUR

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